Wo willst du in fünf Jahren stehen? Eine Frage, die mir schon öfter begegnet ist und die ich ehrlicherweise nie wirklich beantworten konnte.
Ich kann beim besten Willen nicht sagen, wo ich in fünf Jahren sein will. Da sind viel zu viele Unwägbarkeiten, die ich nicht beeinflussen kann.
Letzten Sommer hat mich der Gedanke an meine Ziele und der Glaube daran, dass jede:r immer Ziele haben muss, in ein Loch gestürzt. Wer bin ich, wo will ich hin und ist es wirklich so schlimm, keine Ziele zu haben?
Die Idee von Zielen
Ziele an sich können dir helfen, in bestimmten Situationen durchzuhalten. Sie geben dir Kraft und einen Sinn für das, was du tust.
Und dennoch gibt es einen großen Haken: Unsere Gesellschaft ist komplett auf das Erreichen von Zielen ausgelegt und oft gilt ein Mensch nur dann als erfolgreich, wenn die eigenen Ziele erreicht werden.
Höher, schneller, weiter.
Doch ist das wirklich so erstrebenswert? Das Buch “Unfollow Your Dreams” meines Lieblingsverlags hat mich hier in meiner Haltung bestärkt.
Was bringt es dir, wenn du deine Ziele oder Träume in die Zukunft schiebst, weil jetzt kein Platz dafür ist? Eine typische Aussage, die ich in dem Zusammenhang zum Beispiel höre, ist: “Wenn ich Rentner:in bin, dann werde ich ganz viel reisen.” Der Gedanke an sich ist schön, aber was ist, wenn du gesundheitlich dann gar nicht mehr in der Lage dazu bist?
Ich finde, es ist viel besser, zu versuchen, die Dinge schon im Jetzt anzugehen.
Um es aber auch ganz ehrlich zu sagen: Für fraeulein artista habe ich sehr wohl Ziele. Das lässt sich als Unternehmerin auch gar nicht ganz vermeiden. Aber auch hier sind meine Ziele eher wage, was die Zeitspanne betrifft. Ich plane für mein Unternehmen tatsächlich selten länger als 1 Jahr. Und in diesem Zeitraum sehe ich dann, was sich realisieren lässt.
Was ist, wenn du merkst, dass du deine Ziele nicht erreichen kannst?
Wie schon erwähnt, ist es als Unternehmerin schwer, keine Ziele zu haben.
Oft werden zu Beginn eines Jahres die Ziele und Projekte für das anstehende Jahr definiert. Natürlich immer vom Besten ausgehend. Das hat für viele Unternehmen die letzten Jahre ganz gut funktioniert.
Die aktuelle wirtschaftliche Situation zeigt uns Unternehmer:innen aber ganz deutlich, dass es nicht immer ratsam ist, an den Zielen festzuhalten, die du dir voller Optimismus gesetzt hast. Es kann also gut sein, dass du mitten im Jahr merkst, dass deine Ziele komplett unrealistisch geworden sind. Und das aus einer Situation heraus, die du vorerst nur wenig beeinflussen kannst.
Am Ende musst du realistisch bleiben. Das kann also auch bedeuten, dich von deinen Zielen oder einem deiner Ziele zu trennen.
Durch meine Quartalsplanung bin ich hier flexibel genug. Ich überprüfe regelmäßig, wo ich stehe und was überhaupt noch möglich ist. Manchmal merke ich, dass ich ein Ziel aus verschiedenen Gründen nicht halten kann. Dann muss ich es schweren Herzens loslassen. Und konzentriere mich auf die anderen Dinge.
Manchmal kommt aber auch mitten im Jahr ein neues Ziel hinzu, an das zu Beginn des Jahres noch gar nicht zu denken war.
Was macht ein erreichtes Ziel mit dir?
Ich freue mich dafür immer umso mehr, wenn ich eines meiner Ziele für fraeulein artista erreiche.
Doch ist das wirklich so?
Auch hier geht es mir genau genommen wie einem Großteil der Gesellschaft.
Im letzten Jahr habe ich begonnen, meinen ersten Onlinekurs zu erstellen. Ich hatte mich zwar ordentlich belesen und konnte deshalb die Zeit halbwegs abschätzen, aber trotzdem war der Aufwand am Ende viel größer als gedacht. Vielleicht lag es auch daran, dass ich für spätere Kurse den kompletten Prozess auch gleich dokumentiert habe.
Über die ersten Zwischenziele habe ich mich wirklich sehr gefreut. Das hat richtig motiviert.
Doch je mehr ich geschafft habe, desto mehr setzte der Gewöhnungseffekt ein. Ja, es ist schön, dass die Videos fertig sind, aber …
Irgendwie wurde der Onlinekurs mit seinen ganzen Aufgaben total normal und alltäglich. Und dann war er plötzlich fertig.
Statt mich zu freuen, war da irgendwie ein seltsames Gefühl. Ich hatte gefühlt plötzlich so viel Zeit, dass ich gar nicht mehr wusste, was ich tun sollte. Das stimmte natürlich nicht, aber so hat es sich eben angefühlt.
Und mit diesem Gefühl ging auch meine Motivation auf Null. Ich konnte mich einfach nicht mehr aufraffen, irgendetwas zu tun.
Ich hatte mein Ziel erreicht, und jetzt?
Wenn du keine Ziele hast, was zählt dann?
Schon während der Erstellung des Onlinekurses hatte ich eine wichtige Erkenntnis. Diese hat sich eigentlich auch schon davor durch die Beschäftigung mit meinen Zielen herauskristallisiert.
Geholfen hat mir hierbei die Methode des idealen Tages.
In gewisser Weise habe ich sehr wohl Ziele in meinem Leben, die ich erreichen will, aber diese sind nicht materiell.
Vielmehr ist das Gefühl entscheidend. Es geht darum, nach meinen Werten und Prinzipien zu leben, mit denen es mir gut geht. Und eigentlich richtet sich jede Entscheidung in meinem Leben unbewusst daran aus.
Natürlich frustriert es mich auch, wenn ich ein kurzfristiges Ziel nicht schaffe. Am Ende hat sich aber bisher immer herausgestellt, dass es gut so war, wie es gekommen ist.
Es hilft, manchmal nach links und rechts zu sehen.
Wenn du nur auf das Erreichen deines Ziels fokussiert bist, bemerkst du gar nicht mehr, was um dich herum eigentlich alles passiert.
Was macht die gefundene Freiheit mit dir?
Ich kann schlecht sagen, was es genau mit dir macht, wenn du nicht mehr starr an deinen Zielen festhältst.
Mir hat die Erkenntnis sehr geholfen, dass meine Werte und Prinzipien für mich viel wichtiger als irgendein Ziel sind. Ich suche nicht mehr krampfhaft nach einem Ziel für mein Leben, nur weil man das heute eben so macht.
Ich lebe ruhiger. Ich muss nicht ständig dem nächsten Ziel hinterherjagen.
Vielmehr ist es so: Meine Ziele sind eher Wünsche. Es ist schön, wenn sie wahr werden. Aber ich klammere mich nicht bedingungslos an ihnen fest.
Generell versuche ich offen für alles zu sein, was kommt. Und das betrifft auch mein Unternehmen. Natürlich macht mir das auch Angst, weil es nicht planbar ist. Es gibt so viele Dinge, die ich nicht beeinflussen kann. Am Ende gehört auch immer etwas Glück und Zufall dazu.
Und wenn alles nicht hilft, dann rufe ich mir ein Zitat von Julia Peglow ins Gedächtnis:
“Es gibt keine unaufhaltsame Zukunft, der wir hoffnungslos ausgeliefert sind.
Denn wir sind es, die sie schreiben!”
Julia Peglow
Damit treffe ich Entscheidungen bewusster: Ich entscheide mich für meine Werte und Prinzipien.