Seit ein paar Monaten ist Künstliche Intelligenz (KI) in aller Munde. Sie hilft dir nicht nur, um deine Texte zu schreiben und Bilder zu generieren. Sondern kann mittlerweile auch Videos erstellen und ganze Markenauftritte generieren.

Davon abgesehen gibt es mehrere Onlinetools, in denen du anhand von Vorlagen deine eigenen Designs erstellen kannst – ganz ohne Designer:in.

Warum also braucht es noch Gestalter:innen, die diese Aufgabe für dich übernehmen? Und warum sollst du für diese Geld bezahlen, wenn KI und Tools das doch völlig kostenlos für dich machen?

In diesem Beitrag möchte ich dir dazu ein paar Gedanken mitteilen. Und vor allem auch erklären, warum sich nicht alles durch KI und kostenfreie Tools ersetzen lässt. Und vor allem, warum Design nicht nur schnell mal schön ist.

Was gibt es in der Welt von KI und Onlinetools?

Ich bestreite nicht, dass Künstliche Intelligenz und Onlinetools nicht auch ihre Berechtigung haben. Aber ich weigere mich zu glauben, dass sie Designer:innen wirklich ersetzen können. Um diese Meinung zu erklären, möchte ich dir die Tools kurz etwas vorstellen.

Künstliche Intelligenz für Bilder, Text und Video

Sicherlich hast du auch schon versucht, einen Text, Informationen oder Bilder mit künstlicher Intelligenz zu generieren. Und ja, das habe ich auch schon getestet. Ich habe mit der KI Firefly von Adobe meinen Tablet-Hintergrund generiert – die ist in meinem Creative Cloud-Abo dabei und musste deshalb auch mal benutzt werden.

Dennoch würde ich diese Bilder aktuell niemals für Kundenaufträge verwenden. Zum einen finde ich die Qualität und Ergebnisse noch nicht optimal. Ich habe dafür wahrscheinlich einfach zu konkrete Ergebnisse im Kopf, die dann natürlich nur bedingt generiert werden. Und zum anderen halte ich die nicht gelöste Frage nach dem Urheberrecht für sehr problematisch.

Ich möchte auch nicht, dass meine Bilder und Grafiken ungefragt für die Erstellung von Bildern durch KI verwendet werden.

Außerdem ist die Nutzung von KI nicht zwangsläufig kostenlos. Ja, es gibt scheinbar kostenfreie Tools, bei denen du dich einmal mit deiner E-Mail-Adresse anmeldest und diese dann kostenfrei nutzen kannst. Und es gibt natürlich auch Anbieter künstlicher Intelligenz, die du bezahlen musst, um sie nutzen zu können.

Und trotzdem ist der Betrag, den du zahlst, bei beiden Varianten viel größer als auf den ersten Blick zu erkennen. In beiden Fällen bezahlst du mit deinen Daten. Und auch mit dem, was du eingibst oder vielleicht sogar hochlädst. Und aktuell kannst du gerade bei den hochgeladenen Inhalten nicht wissen, was die KI später damit macht.

Denn der Sinn der künstlichen Intelligenz ist schließlich, dass sie eigenständig immer weiter lernt und die zur Verfügung gestellten Daten dafür nutzt. Das wird vor allem bei sensiblen Daten ein Problem.

KI und Onlinetools für Grafik und Branding

Bei den Onlinetools für Grafik und Branding suchst du dir oft einfach eine Vorlage aus, passt Text und Bilder an und fertig. Doch ist es wirklich so einfach? Wie viele Stunden benötigst du tatsächlich für die Erstellung eines Designs? Und ist es dann das, was wirklich zu dir und deinem Unternehmen passt? Oder ist das Design nur ein aktuelles Abbild deines Geschmacks in genau dieser Sekunde?

Ich hatte eine Kundin, die am liebsten bei der Umsetzung immer neben mir gesessen hätte, um ihren Geschmack einzubringen. Sie wollte alles richtig machen, nahm aber die Grundgesetze der Gestaltung nicht an, sondern entschied nur nach ihrem Geschmack. Auf der anderen Seite suchte sie bei jeder kleinen Entscheidung ihres Projektes nach Beratung, die sie aber nicht zahlen wollte.

Irgendwann hat sie beruflich ein Onlinetool mit Vorlagen ausprobiert und fand das ganz toll. Anschießend wollte sie alles nur noch mit diesem Tool machen, weil es ihr Spaß gemacht hat. Das auch voll ok ist. Aber ich finde das Denken dennoch etwas kontrovers: Denn zum einen möchte sie gern einen Austausch über ihr Projekt und die Gestaltung und zum anderen nimmt sie ein Tool, bei dem sie erst recht allein alle Entscheidungen treffen muss – ohne irgendein Grundwissen zu Gestaltung zu haben.

Wahrscheinlich fühlt sich die Gestaltung mit dem Tool zu Beginn nicht wie Arbeit an. Für viele ist es da erst einmal egal, wie lange sie für eine Gestaltung brauchen. Aber ich denke, dass es mit der Zeit trotzdem problematisch wird – spätestens, wenn du mit Hilfe der Gestaltung Geld verdienen musst und dir die Zeit für andere Dinge fehlt.

Denn meistens sitzt du für – aus Sicht von Gestalter:innen – einfache Sachen Stunden vor dem Bildschirm. Was meinst du, wie lange ein:e Designer:in für die Erstellung benötigt hätte?

Eine andere Möglichkeit ist ein kurzer Fragebogen mit deinen Infos, der dir anschließend ein komplettes Corporate Design für dein Unternehmen ausgibt. Diese Fragen sind aber meist eher allgemein gehalten.

Ich habe spaßeshalber mal solche Fragebögen (Hubspot und Looka) ausgefüllt, um zu sehen, wie fraeulein artista damit aussehen würde. Es kamen beliebige, auswechselbare Design heraus, die wahrscheinlich auch allen anderen Personen mit ähnlichen Eingaben angezeigt werden. Die Ergebnisse passten auch gar nicht zu meinem Unternehmen.

Interessant fand ich, dass einer der Generatoren meinte, mein Unternehmensname sei zu lang für ein gutes Logo. Empfohlen wurde mir, dass ich den Namen kürzen oder einen Teil in den Bereich für den Slogan rücken solle. Ein Hinweis, der gar nicht geht! Denn ein Unternehmensnamen kann ja nicht mal eben einfach so verändert werden, nur, weil es nicht in die Designvorgaben passt.

Das Design muss zum Inhalt passen, nicht anders herum.

Warum ich mich übrigens für eine Pusteblume als Logo entschieden habe, kannst du gleich zu Beginn im Beitrag zur Geschichte meines Unternehmens lesen.

Was ist das Problem vorgefertigter Designs?

Viele glauben, mit den Onlinetools und künstlicher Intelligenz selbst mal eben schnell ein Design entwickeln zu können. Dass immer nur das dabei rauskommen kann, was du dem jeweiligen Tool an Infos gibst, wird dabei oft vergessen. Und außerdem glauben viele, dass Designer:innen und Grafiker:innen dadurch überflüssig sind.

Dabei gehört zu einer Grafik viel mehr, als irgendwas schnell mal schön zu machen. Schnell ist nicht. Und schön kommt auf den Zweck und die Intention dahinter an.

Design erfüllt eine Funktion.

Ein gutes Design kann nicht mal eben schnell in 5 Minuten erstellt werden. Es steckt eine Menge Zeit und Vorarbeit dahinter, die du am Ende nicht siehst. Aber die ist für die Wirkung des Designs essenziell.

Der Beruf Grafiker:in, Designer:in oder Gestalter:in ist nicht umsonst Studien- bzw. Ausbildungsberuf. Es gehört eben doch noch etwas mehr dazu. Nämlich das zu analysieren, was z.B. der Kunde braucht, was das Unternehmen will und welche Werte eigentlich dahinterstecken. Design kann all das transportieren, wenn du weiß, wie. Es geht nicht um das persönliche Gefallen oder Nichtgefallen.

Wenn du nun aber nur mit dem Trend und nach dem eigenen Gefallen gehst, wird jede Gestaltung ähnlich und beliebig austauschbar. Der Sinn hinter dem Design geht verloren.

Leider sind die wenigsten bereit, die Analyse- & Strategieüberlegungen zu honorieren. Es geht meist nur um das schnelle Produkt.

Dabei kann die strategische Ausrichtung extrem gut zum Design beitragen. Aber dazu braucht es eben mehr als nur ein bisschen KI und irgendwelche vorgefertigten Designvorlagen. Diese Entwicklung braucht Wissen und Zeit.

Was steckt hinter einem Design?

Design folgt immer einem Prozess. Dieser kann, je nach Anforderung und Produkt, unterschiedlich intensiv und ausgeprägt sein. Aber grundlegend und ganz vereinfacht gesprochen gibt es drei große Bereiche: Designanalysen, Analyseauswertung, Umsetzung.

Im Design geht es nie allein um das Ergebnis, sondern immer auch um den Weg dorthin.

Und diesen Weg kannst und musst du im Normalfall auch ganz aktiv mitgestalten. Denn Design ist auch immer auf einen aktiven Informationsaustausch angewiesen. In jeder Phase entstehen neue Fragen und Probleme, die gelöst werden müssen.

Der Prozess ist nicht linear, sondern eher ein ständiges Hin- und Herspringen zwischen den einzelnen Bereichen.

Designanalysen

Die Analysen sind der umfangreichste Teil des Designs. Hier liegt der Schlüssel für eine Gestaltung, die sich an den Bedürfnissen deiner Kunden und Kundinnen und den Werten deines Unternehmens orientieren – das nutzerzentrierte Design.

Je nach Umfang des Auftrags beginnt der Designprozess mit einem Briefing-Gespräch, in dem du die Eckpunkte klärst und auch erste Analysen anstößt.

Bei kleinen Projekten können sich Analysen auf eine kurze Zielgruppenanalyse und schon vorhandene Produkte beschränken. Hier geht es vor allem darum, die Kund:innen des Projektes und deren Bedürfnisse besser kennenzulernen und einen Eindruck vom Gesamtbild der schon vorhandenen Produkte zu erhalten. Im besten Fall stimmen die Produkte mit den Vorgaben des Corporate Designs ein. Aber sobald es hier Abweichungen gibt, stellt sich die Frage nach dem Warum.

Natürlich gehören zu komplett neuen Projekten auch Analysen zu den generellen Anforderungen, Wettbewerbern und der generellen Positionierung.

Welche Analysen notwendig sind, hängt sehr stark vom jeweiligen Projekt und den Anforderungen ab und lässt sich nicht pauschal sagen.

So können weitere Analysen z.B. die der Nutzerszenarien sein oder der Stakeholder sein. Also der Menschen, die ebenfalls in irgendeiner Weise über das Projekt informiert werden müssen. Sei es, weil sie wichtige Entscheidungen treffen, einer Behörde vorstehen oder das Geld geben.

Analyseauswertung

Die Analyseauswertungen legen den Grundstein für die eigentliche Umsetzung. Und auch die sind natürlich sehr stark vom Projekt, aber auch den angewendeten Analysen abhängig.

Ich finde diesen Teil besonders spannend, weil hier die Analysen in erste gestalterische Punkte übersetzt werden.

So kannst du anhand der Analysen und wahrnehmungspsychologischen Aspekten auf erste Formen und Farben schließen. Denn jede Form und jede Farbe hat bestimmte Eigenschaften. Bei Farben hängen die Farbeigenschaften sehr stark von der jeweiligen Farbnuance ab.

Doch bevor du diese Festlegungen treffen kannst, müssen die Analysen greifbarer werden. Hier kann dir die Idee der Brand Filter weiterhelfen.

Brand Filter von fraeulein artista auf Papier ausgerduckt, daneben liegt ein aufgefächerter Farbfächer

Die Brand Filter fassen alle Eigenschaften eines Unternehmens oder eines Projektes in einer Matrix zusammen. Dabei werden die Eigenschaften nach verschiedenen Gesichtspunkten für das Design gruppiert.

Es ist nicht ganz leicht, deinen Kund:innen die Notwendigkeit der Brand Filter zu vermitteln, denn meistens wollen diese einfach etwas zum Ansehen gezeigt bekommen.

Aber mithilfe der Brand Filter und den danach festgelegten Farben, Formen und Schriften kannst du anschließend einen ersten visuellen Eindruck vermitteln. Und das geht am besten mit dem Moodboard.

Wenn du so möchtest, ist das Moodboard die visuelle Darstellung der Brand Filter und der Analyseergebnisse, die durch weitere Informationen und erste Ideen ergänzt werden.

Umsetzung

Wenn du diese ganze Vorarbeit geleistet hast, kannst du endlich an die Umsetzung denken. Doch auch hier geht es eigentlich nicht sofort mit der Erstellung los.

Sofern du dir nicht schon vorher Gedanken über Schriftgrößen und Gestaltungsraster gemacht hast, ist jetzt der richtige Zeitpunkt. Ein Gestaltungsraster hilft dir, ein konsistentes Design zu erarbeiten. Das bedeutet aber keines Wegs, dass das Design starr und langweilig aussehen muss.

Auch die benötigten Absatzformate für z.B. Überschriften, Texte, Aufzählungen und Bildunterschriften legst du nun fest.

Anschließend richtest du dein Dokument mit allen benötigten Formatvorlagen für die verwendeten Stile und Absätze ein, um bei späteren Anpassungen weniger Aufwand zu haben. Das dauert zwar im ersten Moment ein bisschen Zeit, lohnt sich aber, weil du bei Änderungen nur noch das Format anpassen und nicht das ganze Dokument händisch durchsuchen musst.

Anschließend folgen mehrere Korrekturrunden. Und zwischendurch erfolgt immer wieder ein Abgleich mit den den Ergebnissen aus der Analyseauswertung. Nur so kannst du ausschließen, dass es am Ende doch wieder um Gefallen und Nichtgefallen deiner Kunden und Kundinnen geht.

Natürlich gibt es auch zwischendurch einen regelmäßigen Austausch mit deinen Kund:innen.

Fazit

Design ist ein Prozess. Und dieser braucht Zeit. Aber es lohnt sich, in diesen Prozess zu investieren. Vor allem dann, wenn du kein beliebiges, austauschbares Design möchtest.

Als Ergebnis erhältst du ein Design, das zu dir, deinen Werten und den Anforderungen deiner Kund:innen passt.

Aktuell können Künstliche Intelligenz und Onlinetools diese Anforderungen nicht erfüllen. Ob das irgendwann der Fall sein wird, kann ich nicht sagen. Aber ich hoffe, dass auch weiterhin der Wert von Designer:innen gesehen wird. Denn den direkten Austausch zwischen Kund:innen und Kreativen können die Tools nicht ersetzen.